Mein Plädoyer für den Köln Marathon & seine Menschen.
Hey Köln, wir müssen reden. Über diesen Marathon. Bislang habe ich immer nur Ausschnitte mitbekommen, weil dieses Event an meinem Veedel vorbeilief. Wortwörtlich. Das allein fand ich schon beeindruckend. Dieses Jahr wollte ich mehr. Aber nicht laufen.
Ich durfte die letzten fünf Tage Teil der Crew sein. Wir haben zwei Tage lang die EXPO mit aufgebaut und die nächsten zwei Tage, also rund 20 Stunden, damit verbracht etwa 1500 Athleten pro Stunde ihre Startunterlagen rauszugeben, Abläufe zu erklären und manchmal auch nebenbei einfach nochmal ein bisschen Mut zu machen.
Gestern abend habe ich mich dann gefühlt, als sei ich den Marathon selbst gelaufen. Aber nichts liegt mir ferner. (Wie die meisten von euch wissen). Und bin sowas von zufrieden in meinem gesamten Crewoutfit auf der Couch in nullkommanix eingepennt.
Und warum das ganze? Nicht, weil son Job reich macht. Sondern für die einzigartige Atmosphäre. Vor und hinter den Kulissen.
Unermüdliche Zuschauer am Streckenrand, die stundenlang wildfremde Athleten anfeuern und ihre Namen rufen. “So viel Aufwand für eine gratis Banane.” bei KM 41 war übrigens mein Lieblings Supporter Schild! Crews, die 6 Stunden lang Getränke reichen und noch lange vorher aufgebaut haben. Teamkollegen, die auch in Stunde zehn noch freundlich erklären, wie man sich nun die Startnummer genau wohin packt und dass der Transponder nicht geknickt werden darf. Nicht zu vergessen die kleine Startnummer in den Starterbeutel bitte, damit die Wechselklamotten auch wieder zum richtigen Athleten finden. Ach und die Sicherheitsnadeln sind übrigens auch im Bag. Englisch, Deutsch, Französisch. Pas de probleme.
Eliteläufer mit ihren vorausfahrenden Begleitern auf Rädern, das immerfreundlich winkende Führungsfahrzeug, das ich durchwinken darf, der Schlussläufer, der die letzte Läuferin nach über sechs Stunden sicher und fröhlich ins Ziel führt. Begleitläufer, die die Kids beim Schülerlauf motivieren und mitziehen.
Die großen und kleinen Gespräche bei der Akkreditierung. Über gebrochene Knochen, Erkältungen, verpasste Chancen, Freunde für die man heute extra früh aufsteht, weil sie selbst nichts abholen können.
Menschen, die nach 42 km ihre Kinder auf den Schultern noch ins Ziel tragen. Freunde, die die letzten Meter mit dir ins Ziel laufen und Staffeln, die sich an den Händen nehmen und mit ihren jeweils über 80 Jahren nach 5:40h den Zielbogen gemeinsam durchschreiten.
Und besonderer Dank auch nochmal an den Barkeeper des Hotels, der mir einfach so eine große Wasserflasche mitgegeben hatte mit dem Hinweis: “Aber verrats niemandem, sonst kommen gleich alle..!”, wenngleich ich auch wirklich viel Geld investiert hätte, denn ich hatte großen Durst, aber erwartete das Führungsfahrzeug des Marathons in wenigen Minuten auf meiner Position.
Und dann gibt es auch die kleinen und großen Dramen. Läufer, die einen Kilometer vor dem Ziel zusammenbrechen. Und Menschen, die sich kümmern. Wildfremde Menschen am Rand, gemeinsam mit der Crew und auch mit polizeilicher Unterstützung. Alle freundlich, immer besonnen und in gutem Kontakt. Egal wie stressig es ist. Für mich in dem Moment auch der Gedanke, wie traurig es für diese Läuferin sein muss, die heute morgen guter Dinge an den Start ging, um einfach nur Spaß zu haben. Um nun kurz vor dem Ziel aufgeben zu müssen.
Und genau das ist es wohl auch. Diese große Menge an Menschen aller Altersklassen und Voraussetzungen, die motiviert am Marathonmorgen in ihre Lieblingslaufschuhe schlüpfen, aufgeregt sind, auf dem Weg in der Ubahn nochmal ihre Lieblingssongs hören. Fokussiert und müde durch die langsam erwachende Großstadt fahren. Von den unterschiedlichsten Orten. Aber mit einem gemeinsamen Ziel. Egal wann. Denn auch die letzten werden frenetisch gefeiert.
Mich stimmt fröhlich, dass so etwas funktioniert. Mehr als 25.000 Sportler machen sich auf den Weg. Unzählige fremde Menschen kommen zusammen und sind für eine kurze Zeit Fanclub, Trainer, Versorger, Mentaltrainer, Organisator, Ersthelfer, Zuhörer, Tröster und Pacemaker für diese eine Sache.
Köln, ich bin froh ein Teil davon gewesen sein zu dürfen. Und hab nun einmal mehr eine Vorstellung davon, was Menschen meinen, wenn sie sagen in Köln ist die beste Marathonstimmung.
Bis zum nächsten Jahr.